Einen Beruf frühzeitig kennenlernen

Was wollten Sie als Kind für einen Beruf erlernen? Polizist, Lehrer, Zugführer? In der Regel wurden immer die gleichen Berufsbilder aufgezählt. Warum? Weil wir die anderen nicht kannten und uns darum keine Vorstellung darüber machen konnten. Darum ist es wichtig, dass Unternehmen diese interessierten Menschen vorstellen – und sind sie noch so klein. Ein Beispiel von im Ausbildungszentrum Winterthur. Ein Blog meiner Kollegin Jasmin Taher.

«Mein Sohn interessiert sich brennend für alles, was mit Technik, Metall und Werkzeug zu tun hat. Am liebsten hätte er einen Laser zu Hause, um damit Metall zu schneiden. Und wenn er – so wie im Aladdin-Kinofilm  – einen Dschinn kennenlernte und drei Wünsche frei hätte, dann würde er sich einen eigenen Winkelschleifer, 100.000 Tonnen Stahl zum Bearbeiten und eine grosse Drohne zum flexiblen Transport von Waren wünschen.

Ein Schnuppernachmittag im azw

Aufgrund dieses regen Interesses unseres Erstklässlers haben wir unsere Beziehungen spielen lassen und eine Führung im Ausbildungszentrum Winterthur (azw) organisiert. Roman Strobel, der Leiter der kaufmännischen Ausbildung am azw, führte uns persönlich durch die technischen Werkstätten. Hier können junge Menschen in einer vierjährigen Ausbildung unter anderem den Beruf des/der Anlagen- und Apparatebauers/-in erlernen können.

Wir konnten dort sehen, wie mit Hilfe von verschiedenen modernen automatisierten CNC-Maschinen und Fräsmaschinen die Werkstücke automatisch bearbeitet, gedreht, gefräst und wie Gewinde geschnitten werden. Das Metall wird im azw aber auch manuell bearbeitet, es werden verschiedene Auftragsarbeiten ausgeführt, kleine Anlagen gebaut, geschweisst, zusammengefügt und bearbeitet. In der mechanischen Fertigung können für Auftraggeber Montagearbeiten durchgeführt und Kessel, Rohranlagen oder Apparate gebaut werden.

Schon als Kind in einen Beruf hineinsehen können

Ausbildungsmodelle am azw

Das azw bietet verschiedene Ausbildungsmodelle an. Entweder schliessen die Lernenden einen Lehrvertrag mit dem azw ab. In diesem Fall findet – je nach Modell – eine ein- oder zweijährige Grundausbildung im azw statt, die von einer zweijährigen Lehrzeit in einem Partnerbetrieb abgeschlossen wird. Alternativ haben die Lernenden die Möglichkeit, einen Vertrag mit einer lokalen Firma abzuschliessen und das azw übernimmt die modulare Grundausbildung für sechs, zwölf oder 24 Monate.

Früher: Feinmechaniker und Werkzeugmacher

Mein Vater war Werkzeugmacher beziehungsweise Feinmechaniker. In der Tasche seines blauen Kittels, den er zum Schutz stets über der Kleidung trug, steckte stets eine Schiebelehre und ein Zollstock. Auf der Werkbank lagen unzählige Feilen und Werkzeuge. Ein besonderer Geruch nach Papis Werkstatt lag in der Luft und unzählige Metallspäne auf dem Fussboden.

Berufe verschwinden, neue Berufe entstehen

Teilweise verschwinden die alten Berufe, und neue Berufe entstehen.

Denn für die neuen Anforderungen und Aufgaben benötigt man entsprechend qualifiziertes Personal. Viele Arbeiten, die früher im Metall- und Maschinenbau manuell in filigraner Feinarbeit durchgeführt wurden, übernehmen heute computergesteuerte Anlagen. Die Computer, Maschinen und Anlagen müssen entsprechend programmiert und bedient werden.

Hierfür sind in der Berufspraxis gänzlich andere Fähigkeiten gefragt als noch vor 40 Jahren.

Auch die umwelttechnischen Anforderungen haben sich in der Vergangenheit massiv geändert. Heutzutage werden – so beispielsweise im azw – Metallspäne gesammelt, sortiert, recycelt und verbleiben so im Wertstoffkreislauf. Früher landeten sie einfach im Müll und auf der Deponie.

Heute: Automatiker und Elektroniker

Zu den modernen Berufen gehören Automatiker, Polymechaniker, Konstrukteure und Elektroniker. Automatiker entwickeln und bauen moderne Steuerungs- und Automatisierungssysteme. Polymechaniker stellen mithilfe moderner, computergesteuerter Maschinen Werkstücke und Werkzeuge. Auch die Aufgaben und Arbeitsweise von Konstrukteuren, die Maschinen, Geräte, Anlagen oder Werkzeuge entwickeln und entwerfen, unterscheiden sich stark von der früheren Tätigkeit am Reissbrett.

Heutzutage arbeiten Konstrukteure fast ausschliesslich am Computer und konstruieren mithilfe von CAD-Programmen. Elektroniker entwickeln und programmieren Steuerungen, elektronische Schaltungen und Computerprogramme.

Ein wichtiger Beruf in der heutigen Zeit, die rasend schnell immer mehr von Hightech geprägt ist.

Fachwissen ist weiterhin essentiell wichtig

Trotzdem ist vor allem fundiertes Fachwissen nach wie vor essentiell wichtig, selbst wenn Informationen heutzutage ständig im Internet zum Nachlesen verfügbar sind. Materialkenntnisse und Wissen über Metalltechnik, Fertigungstechniken, Montagetechnik, Wartung und Instandhaltung sind immer noch notwendig in der beruflichen Praxis. Auch heute benötigt man in der Fertigung manuelles Geschick, in den technischen Berufen auch Interesse an Mathematik und in den metallverarbeitenden Berufen ist auch gutes räumliches Vorstellungsvermögen von Vorteil.

Was willst Du denn einmal werden?

Nachdem wir die gesamte Fertigung, die Werkstätten, die Schweisshalle und die Recyclingabteilung besichtigt hatten, stellte Roman Strobel unserem Sohn eine abschliessende Frage: «Was willst Du denn einmal werden?» Die Antwort unseres Sohnes lautete: «Ich weiss es nicht.» Aber glücklicherweise hat er noch einige Jahre Zeit, um herauszufinden, was er werden möchte, wenn er gross ist.

Und wenn er mag, sagte Roman Strobel, darf unser Sohn zu einem Schnuppernachmittag oder einer Schnupperlehre wieder im Ausbildungszentrum in Winterthur (azw) – oder in den Zentren in Uster (azo) oder Langenthal (azm) – vorbeikommen.»

Artikel: Jasmin Taher

Fotos: Nadia Qaud

(c) Ausbildung-Tipps.ch: 27.6.2019

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